• In Sindelfingen treffen sich Zukunft und Geschichte der Automobilproduktion
  • Mercedes-Benz Classic bringt 2024 das Fahrzeug von 1894 zurück auf die Straße
  • Vor 130 Jahren startet bei Benz & Cie. der Bau des ersten Serienautomobils der Welt

Von 1894 in die Zukunft: Im Mercedes-Benz Werk Sindelfingen unternimmt das 130 Jahre alte Benz Motor-Velociped im März 2024 seine erste Ausfahrt im Jubiläumsjahr. Zum Standort gehört die Factory 56 mit modernster Produktionstechnik. Hier erprobt Mercedes-Benz beispielsweise den Einsatz humanoider Roboter in der Fertigungslogistik. Projekte wie dieses sind heute so innovativ wie vor 130 Jahren die Entwicklung und Produktion des ersten Serienautomobils der Geschichte.

Fotos des Benz Motor-Velocipeds auf der Einfahrbahn in Sindelfingen und an weiteren historisch bedeutsamen Orten: https://mercedes-benz-archive.com/marsMuseum/de/instance/ko/130-Jahre-Jubilaeum-Benz-Motor-Velociped-1894.xhtml?oid=191741440

Mercedes-Benz Classic hat das Fahrzeug mit der Kompetenz des unternehmenseigenen Classic Centers in Fellbach nach den Maßstäben höchster Originalität wieder fahrbereit gemacht. Dieses greift für solche Projekte auf die umfangreichen historischen Unterlagen und Informationen in den Mercedes-Benz Classic Archiven zurück. Das Motor-Velociped wurde zuvor im Mercedes-Benz Museum präsentiert. 2024 ist das 130 Jahre alte Automobil bei ausgewählten Anlässen öffentlich in voller Fahrt zu erleben.

Das innovative Serienautomobil wird zum Verkaufsschlager

1894 ist das wegweisende Benz Motor-Velociped mit Leichtbaukonstruktion ein Wendepunkt für die Automobilindustrie. „Dieses Fahrzeug wurde uns buchstäblich aus den Händen gerissen. Was wir davon erzeugten, wurde verkauft.“ So erinnert sich Automobilerfinder Carl Benz 1909 in einem Interview. Insgesamt entstehen von 1894 bis 1902 im Mannheimer Benz-Werk rund 1.200 Fahrzeuge dieser Typfamilie kompakter Benz-Automobile. Das kurz „Velo“ genannte Modell ist damit der erste Serienpersonenwagen der Geschichte.

Zur Antriebsleistung des Erfolgsautomobils beschreibt Benz & Cie. 1894: „In diesem Velociped befindet sich eine Maschine von 1 ½ Pferdestärken.“ Zwei Jahre später heißt es im Katalog zu Höchstgeschwindigkeit und Fahrverhalten: „Das Velociped legt in der Stunde ca. 20 Kilometer zurück und überwindet Steigungen bis zu 10 % auf guter Strasse.“ Es kostet „complett in feinster Ausstattung mit Laternen“ 2.000 Mark.

Das Innovationstempo ist hoch. Ab 1896 bietet Benz stärkere Motorisierungen und zusätzliche Ausstattungsoptionen an. Als Luxusversion des Motor-Velocipeds erscheint der Benz Comfortable mit längerer Karosserie, gegen Aufpreis lieferbarem drittem Gang, aufwendigerer Sitzpolsterung, einer gegen die Fahrtrichtung eingebauten Kindersitzbank und einer Anlasskurbel zum leichteren Starten. Als Sonderausstattung sind unter anderem Luftreifen für bessere Fahreigenschaften erhältlich.

Das Fahrzeugkonzept wird als Benz Motor-Velociped bis 1900 und als Benz Comfortable bis 1902 produziert und dabei kontinuierlich weiterentwickelt. Insbesondere steigt die Leistung des liegend eingebauten 1-Liter-Einzylindermotors mit senkrecht stehendem Schwungrad von 1,1 kW (1,5 PS) im ersten Benz Velo von 1894 bis auf 3,3 kW (4,5 PS) im Benz Comfortable von 1902. Allein von 1901 (2,6 kW/3,5 PS) auf 1902 wächst die Leistung um beeindruckende 28,5 Prozent.

Die Typenfamilie ist auch im Export erfolgreich. Das zeigt der dreisprachige Katalog auf Deutsch, Englisch und Französisch aus dem Jahr 1901. In Frankreich wird das „Velo“ als „Éclair“ („Blitz“) angeboten. An den britischen Maschinenbauer Arnold vergibt Benz 1895 eine Lizenz, um das Motor-Velociped zu produzieren. Das „Arnold Motor Carriage“ ist eines der ersten britischen Automobile.

Mehr Artikel